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Andrea Kamphuis: Schwerkraftausrichtung von Euglena

Digitale Pfadanalyse am Beispiel der Schwerkraftausrichtung von Euglena gracilis in Flachküvetten

Verfasserin: Andrea Kamphuis

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades (Dr. rer. nat.) der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 1999, 115 Seiten

Note: sehr gut

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Kommentar von Andrea Kamphuis

In meiner Doktorarbeit bin ich Euglena gracilis, dem "zierlichen Schönauge" treu geblieben, aber gegenüber der Biokonvektion – dem Thema meiner Diplomarbeit und eines populärwissenschaftlichen Aufsatzes – logisch einen Schritt zurückgegangen: Ich habe eine wesentliche Voraussetzung für die Biokonvektionsmuster näher untersucht, nämlich die Ausrichtung dieser schwimmenden Einzellern an der Schwerkraft. Wie von Zauberhand sammeln sie sich im oberen Bereich ihrer Kulturflüssigkeit, und zwar auch dann, wenn andere Reize wie Licht oder Luft ausgeschlossen werden. "Wissen" die Zellen, wo oben und wo unten ist, oder handelt es sich um eine simple Hebelwirkung?

Näheres zur Biokonvektion finden Sie in unserem Projekt "Muster in der Natur" im Kapitel Konvektion.

Kurzbeschreibung

Die vorliegende Arbeit versucht, durch den Einsatz neuer Methoden (Analyse digitalisierter Pfade, Computersimulationen) eine alte Frage zu klären: Ist die negativ gravitaktische Ausrichtung von Euglena gracilis im Schwerefeld der Erde auf einen rein physikalische, passiven Mechanismus oder auf eine echte, physiologische Reiz-Reaktion zurückzuführen? ...

Im vierten Teil (Kapitel 6 und 7) werden die simulierten und die empirischen Pfade auf unterschiedlichen Niveaus (Grob- und Feinstatistik) und unter verschiedenen Aspekten (Zusammenhänge mit der Pfadrichtung und mit der Reorientierung, Phasenanalyse) statistisch ausgewertet. Schon die Analyse der empirischen Daten gibt Hinweise auf eine Doppelnatur der Schwerkraftausrichtung von Euglena gracilis: Die Zellen werden vermutlich auf Grund ihres asymmetrisch gelegenen Schwerpunktes passiv aufgerichtet; diese Drehung ist bei etwa waagerechter Schwimmrichtung am stärksten. Zusätzlich scheinen abwärts schwimmende Euglenen aktiv auf die Schwerkraft zu reagieren; diese Reaktion ist bei ungefähr 150°-160° Abweichung von der Zielrichtung am stärksten ausgeprägt. Diese Deutung wird durch den statistischen Vergleich der empirischen und der simulierten Pfade unterstützt: Von allen getesteten Modellvarianten ähneln jene den empirischen Daten am meisten, in denen sowohl eine passiv-physikalische als auch eine aktiv-physiologische Schwerkraftausrichtung implementiert ist.

Inhalt

  • Gravitaxis: Physik oder Physologie? Ein alter Streit – und neue Möglichkeiten
  • Die Tücke des Objekts: Euglena gracilis
  • Vorversuche
  • Von der Zelle zum Pfad: Erhebung und Aufbereitung der Massendaten
  • Die Modellierung der Orientierungsbewegung
  • Statistische Auswertung der Pfade: Methoden und Ergebnisse
  • Diskussion und Ausblick