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Produkte und Projekte

Petunia non olet

Von: Andrea Kamphuis

In: Wechselwirkung – Technik, Naturwissenschaft, Gesellschaft; Februar 1989, S. 36-39

Kurzbeschreibung (Abstract)

Es ging durch die Presse: Das Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung stellte 1988 einen Antrag auf Freisetzung gentechnisch veränderter Petunien. Mit diesem Antrag wollte man auch die Diskussion über den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der Bundesrepublik initiieren, hieß es. Somit kommt diesem Freisetzungsversuch durchaus eine Vorreiterrolle auch für zukünftige Antragsverfahren zu. 

Um die Öffentlichkeit auf diese Arbeiten richtig vorzubereiten, veranstaltete das MPI einen Pressetag im letzten Jahr, von dem Andrea Kamphuis berichtet.

Kommentar von Andrea Kamphuis

Teile dieses Artikels aus Studientagen fallen wohl unter "Jugendsünde"; Ausdrücke wie "der akademisch-industrielle Komplex", mit denen man damals gerne seine kritische linke Gesinnung herausstrich, würde ich heute jedenfalls nicht mehr verwenden. Ärgerlich auch, dass der nicht ganz unwichtige Exponent 4 irgendwo im Redaktionsnirvana abhanden kam, womit die Wahrscheinlichkeit für das erhoffte Auftreten einer seltenen Mutation in dem Maisgen, das die Wissenschaftler ins Petuniengenom eingefügt hatten, von 1:10.000 auf fantastische 1:10 anschwoll.

Im Großen und Ganzen stehe ich aber zu meiner damaligen Einschätzung, dass der titelgebende Kalauer, mit dem die Direktoren des MPI in Köln-Vogelsang 1988 der Presse ihren Freisetzungsversuch schmackhaft machen wollten, mehr verriet, als ihnen lieb sein konnte: dass nämlich das MPI mit seinen harmlosen bunten Blümchen den Weg für wirtschaftlich wesentlich interessantere Freisetzungsprojekte der Biotech-Industrie bereiten sollte. Eine Rechnung, die in Deutschland wegen der großen Skepsis der Bevölkerung gegenüber gentechnisch veränderten landwirtschaftlichen Produkten nicht aufgegangen ist – was ich nach wie vor überwiegend positiv sehe, während ich den Einsatz der Gentechnologie in der Medizin durchaus begrüße.

Wurzeln der Theoretischen Biologie

The Roots of Theoretical Biology

Von: Wolfgang Alt, Andreas Deutsch, Andrea Kamphuis, Jürgen Lenz und Ulrike Schuldenzucker

Poster, 1999

Kurzbeschreibung (Übersetzung des englischen Abstracts)

"Roots of Theoretical Biology" ist ein erster, noch unvollständiger Versuch, einen Überblick über jene Wissenschaftler zu geben, die nach unserer Auffassung besonders großen Einfluss auf die Entwicklung der Theoretischen Biologie ausgeübt haben. ... Wir haben vor, nach weiteren Quellen zu forschen und diese "phylogenetischen" Studien fortzusetzen. Daher wären wir für Hinweise und Vorschläge aller Art dankbar, zumal da wir uns der Schieflage durch die Überrepräsentation deutscher Forscher auf diesem Poster bewusst sind.

Kommentar

Leider verfüge ich nur über einen alten Ausdruck dieses wegen seines chronologischen Aufbaus sehr breiten Posters, den ich nun in zwei Teilen abfotografiert habe.

Bei diesem "zweiten Streich" der Geschichts-AG der Abteilung für Theoretische Biologie am Botanischen Institut der Uni Bonn (nach dem Aufsatz von 1996) war ich für Literatur- und Bildrecherchen und die Texte über Giovanni Alfonso Borelli, René Descartes, Julius Schaxel, Wilhelm Ludwig, Ernst Haeckel und Hedwig Conrad-Martius zuständig. Die Kunst bestand darin, in aller Kürze die wesentlichen Charakteristika und Leistungen ebenso zu schildern wie die Bezüge zu den Vorgängern und Nachfolgern, wie in diesem Text über Borelli:


Giovanni Alfonso BORELLI  (1608–1679)
Borelli studied medicine and mathematics in Naples and Rome; from 1635 on he taught mathematics in Messina, from 1656 on mathematics and astronomy in Pisa. In 1659 he became member of the Accademia del Cimento („experimental academy“, 1651–1667) which had been founded by students of Galileo in Florence. Although existing for only a few years, the academy had a strong impact on the international scientific community. Following the research program of Galileo and Descartes which claims that one should only investigate measurable phenomena and suggest only theories that can be handled mathematically, he tried to apply the laws of mechanics to medicine and biology (iatromechanics). Quite as Descartes he compared the body to (hydraulic) machines but in contrast to his predecessor Borelli appreciated experimental verification of theories. His most famous book, De motu animalium („About animal movement“, published posthumously in 1680–1681), is full of schematic sketches of moving animals and human beings (contraction of muscles, breathing and heart beat, walking, flying, and swimming). He reduces these phenomena to pure mechanics, e. g. lever systems, hydraulics, buoyancy, and uses these models to calculate the strength of forces active during movement.

 


Zur Entwicklung der Theoretischen Biologie

Aspekte der Modellbildung und Mathematisierung

Von: Wolfgang Alt, Andreas Deutsch, Andrea Kamphuis, Jürgen Lenz & Beate Pfistner

In: Jahrbuch für Geschichte und Theorie der Biologie 3/1996, S. 7–59

Kurzbeschreibung (Abstract)

Theoretische Biologie ist facettenreich und erscheint nur auf den allerersten Blick als Quadratur des Kreises, denn die Berücksichtigung theoretischer, formaler Aspekte, Prinzipien und Modelle hat den Lebenswissenschaften seit Anbeginn nicht nur fruchtbare Impulse verliehen, sondern ist sogar wesentliches Fundament der Biologie. Betrachten wir zum Beispiel Fische, die in einem Schwarm Schutz suchen, so können wir zum einen nach den biologischen Wechselwirkungen fragen, die zur Schwarmform führen, und diese mit Hilfe biophysikalischer Methoden analysieren. Wir können aber auch fragen, welcher Art die Einheiten, d. h. Organismen, sein müssen, um Interaktionen eingehen zu können, oder welche Schwarmmuster überhaupt denkbar sind. Die Entwicklung von Konzepten und das Schärfen der Begriffe, z. B. Schwarm oder Organismus, bleiben für die Biologie enorm wichtig und werden zu Recht ebenfalls als Theoretische Biologie bezeichnet. Die beiden Enden des Spektrums – nennen wir sie Biophysik und Biophilosophie – sind durch ein Kontinuum aus logischen, phänomenologischen, qualitativen oder quantitativen, systemtheoretischen, stochastischen oder deterministischen Modellen verknüpft, die teils in der uns allen vertrauten natürlichen Sprache, teils in der abstrakten Sprache der Mathematik formuliert werden können.

Gliederung

  • Theoretische Biologie: Versuch einer Begriffsbestimmung
    • Modellorientiertes Arbeiten
    • Von einer Theorie der Biologie zur Theoretischen Biologie
  • Ursprünge des Begriffs "Theoretische Biologie" – Johannes Reinke, Julius Schaxel und Jakob von Uexküll
    • Der Pflanzenphysiologe Johannes Reinke und seine "Biodynamik"
    • Julius Schaxels Buchreihe "Theoretische Biologie"
    • Hans Driesch und Jakob von Uexküll – "Pioniere der theoretischen Biologie"?
  • Erste systematische Ausgestaltung der Theoretischen Biologie – Ludwig von Bertalanffy
  • Alfred J. Lotkas "Physikalische Biologie" – Ein frühes Meisterwerk der Formalisierung
  • Taxis und Tropismus – Begriffe und Modelle im historischen Wandel
    • Wurzeln – Die Frage der Orientierung von den Anfängen bis zu Sachs
    • Natur nachbauen – Der Einsatz von Analogmodellen
    • Scheu und Liebe – Die Erforschung der Zellseele
    • Biotonus-Maschinen – Loebs Tropismustheorie und ihre Kritiker
    • Streit um Worte – Klassifikation der Orientierungsmechanismen
    • Formeln und Gesetze – Anfänge der mathematischen Modellierung
    • Empfänger und Sender – Moderne Chemotaxis-Modelle
  • Ausblick
  • Literatur
  • Anhang
    • Eine Auswahl von Zeitschriften der Theoretischen Biologie
    • Wissenschaftliche Einrichtungen im deutschsprachigen Raum mit Forschungsarbeiten in Theoretischer/Mathematischer Biologie

Kommentar von Andrea Kamphuis

Von 1993 bis 1999 gab es in der Abteilung für Theoretische Biologie am Botanischen Institut der Uni Bonn eine Arbeitsgruppe zur Geschichte der Theoretischen Biologie, an der ich mich – zunächst als Diplomandin, dann als Doktorandin – kontinuierlich beteiligt habe. Anfangs ging es unserer kleinen Gruppe vor allem um die Klärung des Selbstverständnisses: Was hält unser interdisziplinäres und heterogenes Fach eigentlich zusammen; wo liegen seine Wurzeln? Später stellten wir fest, dass auch andere sich für das interessieren könnten, was wir erarbeitet hatten.

Da sowohl mein Diplombetreuer und Doktorvater Wolfgang Alt als auch ich Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Geschichte und Theorie der Biologie (DGGTB) waren, bot es sich an, in deren Jahrbuch einen längeren Aufsatz zu veröffentlichen. 1999 folgte ein riesiges Poster über die "Roots of Theoretical Biology". Bei der Vorbereitung der Publikation war ich vor allem für die Abschnitte über Alfred J. Lotka und über Taxis/Tropismus zuständig; unsere Würdigung der Leistungen Lotkas habe ich auch auf einer Jahrestagung der DGGTB vorgetragen.

Diese Themenwahl war kein Zufall. Alfred J. Lotka war mir aus der Theoretischen Ökologie ein Begriff: 1995 habe ich einen Kurs zur "Steuerung und Störung von Ökosystemen" mitentwickelt und -betreut, in dem die berühmten Lotka-Volterra-Gleichungen eine große Rolle spielten, ein Differentialgleichungssystem für die Wechselwirkung zwischen Räuber- und Beute-Populationen. Und im Rahmen meiner Diplom- und Doktorarbeit hatte ich mich ohnehin intensiv mit dem Konzept der Taxis auseinanderzusetzen – und übrigens auch mit der eng damit zusammenhängenden schraubenförmigen Fortbewegung schwimmender Kleinstlebewesen, die in unserem Website-Kapitel über die Spiralen und Schrauben behandelt wird.

Eine kritische Beurteilung der Theorie und der Praxis des Therapeutic Touch

A critical evaluation of the theory and practice of therapeutic touch

Von: Dónal O'Mathúna, Steven Pryjmachuk, Wayne Spencer, Michael Stanwick and Stephan Matthiesen

In: Nursing Philosophy, 3(2), 2002, 163-176; doi: 10.1046/j.1466-769X.2002.00089.x

Kurzbeschreibung (Übersetzung des Abstracts)

In diesem Artikel untersuchen wir die Theorie und die Praxis des Therapeutic Touch (TT) aus verschiedenen Perspektiven. Zunächst wird die angebliche enge Beziehung zwischen TT und Martha Rogers „Science of Unitary Human Beings“ („Wissenschaft vom Menschen als einheitliches Ganzes“) beurteilt. Im zweiten Teil wird die Verwendung der Sprache der modernen Physik in Rogers Theorie und im TT kritisch beleuchtet. Die Autoren geben dann eine Übersicht über die Forschungsliteratur zur Wirksamkeit des TT und schließen mit einer Diskussion der ethischen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von TT. Da jeder der hier behandelten Aspekte Gründe zur Sorge aufweist, kommt der Artikel zu dem Schluss, dass TT eine fragwürdige Behandlung ist, die auf einer sehr schwachen theoretischen, klinischen und wissenschaftlichen Basis beruht. 

Kommentar von Stephan Matthiesen

Therapeutic Touch (TT) ist eine von Dolores Krieger und Dora Kunz entwickelte Heilmethode, die sich bei vielen Krankenschwestern und -pflegern großer Beliebtheit erfreut, die eine rein naturwissenschaftliche Sicht von Krankheiten als ungenügend empfinden. Nun lässt der Name "Therapeutic Touch" zunächst vermuten, dass es darum geht, die alltäglichen, nötigen und wichtigen Berührungen zwischen Pfleger und Patient zu analysieren und Bewusstsein dafür zu schaffen, wie die Art des Umgangs den Heilprozess unterstützen (oder auch stören) kann. Hierum geht es jedoch beim TT keineswegs; vielmehr beruht das Verfahren auf der Annahme, dass Patient und Pfleger jeweils menschliche Energiefelder haben, die aufeinander einwirken können, sodass Pfleger durch spezielle Handbewegungen etwa einen halben Meter über dem Patienten berührungslos zur Heilung beitragen können.

In diesem Artikel haben wir versucht, Therapeutic Touch umfassend aus verschiedenen Perspektiven fundiert und kritisch zu beleuchten – die Mitautoren arbeiten in der medizinischen Krankenpflege-Forschung und -Ausbildung und in der Philosophie, während ich die physikalischen Aspekte beigetragen habe. "Unsere Hauptargumente gegen TT beziehen sich auf den physikalisch unplausiblen Wirkmechanismus, die zweifelhafte Wirksamkeit und die ethische Besorgnis, die letztlich von diesen Fragen aufgeworfen wird", so unsere Schlussfolgerung.

Trotz des am Ende negativen Urteils haben wir großen Wert darauf gelegt, nicht mit einfachen Strohmannargumenten zu operieren, wie man es in der Diskussion um komplementäre Heilmethoden leider allzu oft erlebt, sondern uns intensiv und fair mit der Theorie und Praxis, mit den Annahmen und den vorgebrachten Wirksamkeitsbelegen auch aus Sicht der Anwender auseinanderzusetzen. Zudem war es uns wichtig, nicht in den üblichen Organen der Skeptiker zu publizieren, wo man sicher sofort Beifall erhalten hätte, sondern in einer Zeitschrift, die gerade auch bei denjenigen anerkannt ist, die dem TT zugeneigt sind.

Da ich selbst im Rahmen des Zivildienstes und in Teilzeitarbeit während des Studiums jahrelang in der Altenpflege tätig war, war die Arbeit an dem Artikel für mich eine spannende und lehrreiche Angelegenheit. Die Frustration vieler Patienten und Pfleger mit der Art, wie im modernen Gesundheitssystem vor allem bei chronischen Erkrankungen und in der Langzeitpflege die Bedürfnisse der Menschen oft nicht an erster Stelle zu stehen scheinen, kann ich aus eigener langjähriger Anschauung sehr gut nachvollziehen. Diese Frustration scheint mir einer der Hauptgründe für die Beliebtheit alternativer Heilmethoden – und nicht etwa die Erfolge oder Vorteile dieser Verfahren, ebenso wenig wie eine diffuse Wissenschaftsfeindlichkeit. Es gelingt vielen komplementärmedizinischen Verfahren (selbst bei völlig ungenügenden Wirksamkeitsnachweisen) einfach wesentlich besser als den im Gesundheitssystem etablierten Methoden, auf die subjektiv empfundenen Bedürfnisse vieler Menschen einzugehen.

Nun kann die Lösung für die Probleme des modernen Medizinsystems nicht darin bestehen, Methoden und Verfahren zu fördern, deren Wirksamkeit unbelegt ist – das wäre ethisch unverantwortlich. Andererseits scheint es mir aber auch wichtig, alternative Verfahren nicht pauschal zu bekämpfen, sondern von ihren Erfolgen zu lernen und stets daran zu arbeiten, dass im realen Gesundheitssystem der Mensch im Mittelpunkt steht – eine Aufgabe, die nie zu Ende geht!

Dummerweise wurde in der veröffentlichten Fassung des Artikels mein Name falsch geschrieben. Na ja, kommt vor.

 

ABACUS-Poster für SAON-Konferenz

ABACUS-Team: Arctic Biosphere Atmosphere Coupling at Multiple Scales

Mitautor und Layout: Stephan Matthiesen

Poster-Präsentation für die Konferenz "Sustaining Arctic Observing Networks" (SAON) im Rahmen des Internationalen Polarjahres in Edmonton, Canada, 9.11. April 2008.

Kommentar von Stephan Matthiesen

ABACUS (Arctic Bisophere Atmosphere Coupling at Multiple Scales) ist ein Forschungskonsortium von Teams verschiedener britischer Forschungseinrichtungen, für die ich 2006–2009 als Projektmanager arbeite. Wir untersuchen mit einer Vielzahl verschiedener Messungen in Nordschweden und Nordfinnland, wie sich die Klimaänderung auf arktische Ökosysteme und vor allem den Kohlenstoffhaushalt auswirkt. Nehmen die Pflanzen und der Boden mehr Kohlendioxid aus der Luft auf, als sie es ohne die globale Erwärmung tun würden, oder setzen sie eher zusätzliches Kohlendioxid aus dem Zerfall organischer Materie frei?

Bis zur vollständigen Datenanalyse können wir noch keine eindeutige Antwort geben, doch in diesem Poster für ein internationales Treffen der Arktisforscher haben wir den Stand unserer Arbeit zusammengefasst. Und nebenbei gezeigt, dass wir nicht nur gute Wissenschaft machen, sondern auch mit Photoshop umgehen können.

Poster SAON-Meeting
Dieses Poster gibt es auch in höherer Auflösung (1403x992; 720 kb).