Frank Ryan: Virolution

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Frank Ryan: Virolution. Die Macht der Viren in der Evolution

Übersetzung: Andrea Kamphuis

Spektrum Akademischer Verlag, 2010, 364 Seiten, ISBN 978-3827425416

Kommentar von Andrea Kamphuis

Frank Ryan hat bereits mehrere Bücher geschrieben, in denen er die herkömmliche neodarwinistische Evolutionstheorie kritisiert, ohne jemals in die Nähe des Kreationismus oder des Intelligent Design zu geraten. Virolution ist das erste Ryan-Buch, das nun auf Deutsch erscheint.

Der Autor hat ein faszinierendes Thema entdeckt: die Koevolution von Viren und Wirbeltieren. Je nach Zählweise finden sich im menschlichen Erbgut bis zu 30 Prozent viraler DNA: Überreste von Retroviren, die sich vor Jahrmillionen in unserem Genom eingenistet haben und (im Unterschied zu neueren Viren wie HIV) meist keinen Schaden mehr anrichten. Vermutlich haben diese humanen endogenen Retroviren (HERVs) sogar zur Menschwerdung beigetragen, da sie der Evolution das nötige Spielmaterial für Neuerungen wie ein großes Gehirn geliefert haben. Werden sie jedoch durch eine andere, als solche harmlose Infektion reaktiviert, könnten sie beispielsweise Autoimmunkrankheiten oder Krebs auslösen.

Bei aller Faszination für das Thema muss ich gestehen, dass Ryans detailverliebter Stil mich nicht begeistert hat. Man vermisst einen roten Faden und Diagramme, die die komplexen Vorgänge im Erbgut und im Immunsystem anschaulich machen.

Kurzbeschreibung (Verlagstext)

Virolution: die ungeahnte Rolle der Viren in der Evolution eine Revolution des biomedizinischen Denken

Darwins Evolutionstheorie ist eine der tragenden Säulen im Gedankengebäude der Biowissenschaften. Darwin erkannte die treibende Rolle der natürlichen Selektion für die Evolution des Lebens auf der Erde und deren Abhängigkeit von einer ständigen Variation der Lebewesen doch wie diese Variation zustande kommt, vermochte er nicht zu sagen. In den 150 Jahren seit der Veröffentlichung des Ursprungs der Arten sind drei Quellen der Variation identifiziert worden: Mutation, Hybridisierung und Epigenetik. Im Jahr 2001 brachte dann die vollständige Entzifferung des menschlichen Genoms mehrere Überraschungen: Zum einen war die Anzahl der Gene unerwartet gering, zum anderen entdeckte man in den DNA-Sequenzen zahlreiche große Fragmente viraler Herkunft. Die Analyse dieser Virussequenzen und ihrer Verbreitung offenbarte eine revolutionäre neue Sichtweise: Viren stellen eine vierte und lebensnotwendige Quelle genetischer Variation dar und sind für die Evolution aller Lebensformen von entscheidender Bedeutung.

Virolution ist das Ergebnis von Frank Ryans jahrelanger Forschung an den Grenzlinien dieser neuen Wissenschaft die man heute als virale Symbiose bezeichnet und die Geschichte der wissenschaftlichen Umwälzungen, die sie in den letzten Jahren mit sich brachte. In dem Maße, wie Wissenschaftler der Rolle der Viren in immer mehr Prozessen auf die Spur kommen, erweist sich die ungeheure Bedeutung der Viren für die Entwicklung des Lebens insgesamt. Und mit diesem Verständnis wächst die Hoffnung, im Kampf gegen eine Vielzahl von Krankheiten die Rolle der Viren gezielt manipulieren zu können.

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