Ethische Fragen der Psychiatrie in Film und Wissenschaft

Gibt uns die moderne Genetik Auskunft darüber, wie psychiatrische Störungen entstehen? Ergeben sich dadurch neue Behandlungsmöglichkeiten? Wie gehen Mediziner mit dem Prinzip aufgeklärter Einverständniserklärungen um, wenn Patienten an ernsthaften psychiatrischen Problemen leiden? Dies sind einige der Fragen zum Thema "Psychiatrie", die am kommenden Wochenende (26.-28. Nov. 2010) im Filmhouse in Edinburgh beim diesjährigen Biomedical Ethics Film Festival aufgegriffen werden. Organisiert wird das Festival vom Scottish Council on Human Bioethics, dem ESRC Genomics Forum an der Universität Edinburgh sowie der Ortsgruppe der British Science Association, deren Vorsitzender Stephan Matthiesen auch dieses Jahr für einen Teil des Festival-Programms verantwortlich ist.

Mediziner, Betroffene und Ethikexperten diskutieren mit den Kinobesuchern Fragen der Psychiatrie, der Ethik und der Welt der psychischen Störungen anhand von Spielfilmen wie Am achten Tag (Le huitième jour; 1996) und Durchgeknallt (Girl, Interrupted; 1999) sowie Dokumentationen wie Mental: A History of the Madhouse (2010).

Dr. Calum MacKellar, Wissenschaftlicher Direktor des Scottish Council on Human Bioethics (SCHB), meint: "Großartige Filme, lebhafte Diskussionen mit dem Publikum und die Stellungnahmen führender Experten aus Wissenschaft, Medizin, Ethik und Soziologie sind die Hauptmerkmale unseres jährlichen Filmfestivals. Dieses Jahr konzentrieren wir uns auf das Thema 'Psychiatrie und psychische Erkrankungen'. Wir wollen die Zuschauer ermutigen, ihre Ansichten über die ethischen Fragen dieser oft stigmatisierten Themen frei zu äußern."

Prof. Steve Yearley, Direktor des ESRC Genomics Forums, erklärt: "Die meisten psychiatrischen Störungen sind noch immer nicht gut verstanden, auch wenn viele Forscher hoffen, dass neuere Arbeiten über das menschliche Genom neue Einsichten bringen werden. Diese Forschungen stellen neue Therapieformen in Aussicht, aber sie bringen auch beunruhigende Ideen mit sich – etwa die Möglichkeiten pränataler Diagnostik von erst später im Leben auftretenden psychischen Problemen. Das Filmfestival gibt dem Publikum gerade zum richtigen Zeitpunkt die Gelegenheit, das Wesen psychischer Gesundheit und die zu erwartenden Auswirkungen heutiger psychiatrischer Forschungen auf das Individuum, die Familie, das Gesundheitssystem und die ganze Gesellschaft zu überdenken und zu diskutieren."

Dr. Stephan Matthiesen, Vorsitzender der Edinburgh and S.E. Scotland Branch der British Science Association, ergänzt: "Fragen der psychischen Gesundheit betreffen viele Menschen, doch sie sind immer noch mit einem Stigma belegt – und sie werfen viele ethische Probleme auf. Wann ist ein bestimmtes Verhalten ein Ausdruck menschlicher Individualität, wann eine Störung? Hat die Psychiatrie vor allem das Wohlbefinden bzw. Leiden des Einzelnen im Blick, oder die Erwartungen der Gesellschaft? Unser Verständnis geistiger Prozesse nimmt ständig zu, doch wie finden wir dabei das richtige Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Perspektiven? Das Festival gibt die Gelegenheit, das Konzept 'psychische Gesundheit' zu erkunden – und gleichzeitig unsere eigene Persönlichkeit und Individualität."

James McKenzie, Programmdirektor des Filmhouse Edinburgh, merkt an: "Wir sind seit 2006 am Bioethics Film Festival beteiligt und haben so dem Publikum Möglichkeiten gegeben, sich mit einer Vielzahl ethischer Fragen emotional und intellektuell zu beschäftigen. Zum diesjährigen Thema, der Ethik der Psychiatrie, haben wir wiederum eine vielseitige Mischung von Filmen ausgewählt, darunter Stephen Fry: The Secret Life of the Manic Depressive (2006) , die erschütternden Dokumentationen Sectioned (2010) und A History of the Madhouse (2010) sowie zur Auflockerung den lebensbejahenden Spielfilm Am achten Tag (Le huitième jour; 1996) sowie Alan Bennetts Komödie King George – ein Königreich für mehr Verstand (The Madness of King George; 1994). Wir erwarten einige lebhafte Debatten!"

Der Text beruht auf einer Pressemeldung des Scottish Council on Human Bioethics vom 16. Nov. 2010.