Open Access: Selbstarchiverung erhöht die Zahl der Zitationen

Nicht nur freiwillige, sondern auch verpflichtende Selbstarchiverung erhöht die Zahl der Zitationen

Zur Zeit wird in Deutschland viel über Open Access (OA) diskutiert, denn in diesem Jahr steht der Referentenentwurf des sogenannten dritten Korbs der Urheberrechtsreform an, in dem es vor allem um die Verbesserung des Zugangs zu wissenschaftlichen Informationen gehen soll. Aber auch aus aller Welt erreichen uns fast täglich interessante Nachrichten; so haben sich gerade alle niederländischen Universitäten darauf festgelegt, alle an ihnen erstellten wissenschaftlichen Publikationen per Open Access zugänglich zu machen.

Weltweit und über alle Fachrichtungen hinweg gibt es etwa 25.000 Fachzeitschriften und Konferenz-Proceedings mit Peer Review, die etwa 2,5 Millionen Artikel im Jahr veröffentlichen. Keine wissenschaftliche Einrichtung kann all diese Zeitschriften abonnieren, auch die wohlhabendste nicht. Daher erreichen die Artikel bei weitem nicht ihre gesamte potenzielle Leserschaft, solange sie nicht per OA allen Interessierten zugänglich gemacht werden.

Der Anteil der freiwilligen Selbstarchivierung liegt derzeit bei etwa 15 Prozent dieser Artikel, und einer 2006 erschienenen Studie zufolge dürfte dieser Anteil sich durch bloße Ermutigungen oder Empfehlungen seitens der Geldgeber oder Institutionen der Forscher nicht markant in Richtung 100 Prozent verschieben. Zwei internationale Umfragen haben aber ergeben, dass 95 Prozent der Forscher im Falle einer Verpflichtung zu OA ihre Artikel tatsächlich per Selbstarchivierung zugänglich machen würden - darunter 81 Prozent gern und 14 Prozent widerwillig.

Dass Artikel, die von ihren Verfassern freiwillig öffentlich zugänglich gemacht werden, signifikant häufiger zitiert werden, also mehr Leser finden und so den Forschungsfortschritt beschleunigen, wurde bereits früher nachgewiesen. Bislang war jedoch ein Filter- oder Verzerrungseffekt nicht auszuschließen: Vielleicht sind jene Autoren, die die beste Wissenschaft betreiben und die besten Fachartikel schreiben, zugleich besonders aufgeschlossen für OA. Dann wären die höheren Zitationszahlen nicht etwa Folge von OA, sondern Folge der hervorragenden Artikelqualität.

Dieser Frage sind die Autoren einer neuen Studie nachgegangen:

Gargouri, Y., Hajjem, C., Lariviere, V., Gingras, Y., Brody, T., Carr, L. and Harnad, S. (2010): Self-Selected or Mandated, Open Access Increases Citation Impact for Higher Quality Research. PLOS ONE (submitted)

Sie haben die Zitationen von gut 27.000 Artikeln aus fast 2000 Zeitschriften ausgewertet. Das Ergebnis: Artikel, deren Autoren zur Selbstarchivierung verpflichtet wurden, werden ebenfalls signifikant häufiger zitiert. Die höheren Zitationszahlen und damit die Beschleunigung des Erkenntnisfortschritts durch OA sind also ein genuiner Effekt.

Im Verbund mit den oben angeführten Hinweisen auf die beschränkte Wirksamkeit reiner Appelle zur Selbstarchivierung könnte dies für eine Pflicht zur Zweitveröffentlichung in Repositorien sprechen – zumindest unter den Gesichtspunkten der Förderung des wissenschaftlichen und des gesellschaftlichen Fortschritts. Es steht allerdings zu vermuten, dass der Gesetzgeber in Deutschland vor einer gesetzlichen Verpflichtung zur Open-Access-Selbstarchivierung zurückscheuen wird, da etliche Akademiker sich dadurch in ihrer Forschungsfreiheit beeinträchtigt sehen.