Muster des Monats 9/2014; (c) Stephan Matthiesen

Tief im Bayerischen Wald begrüßt mich freundlich winkend ein Zwerg mit Zipfelmützenumhang...

Noch etwas tiefer im Wald ragen dann auch schon die fragilen Elfenbeintürme der Elfenstadt in den Himmel.

Bayerischer Wald; (c) Stephan Matthiesen

Ob in den Tiefen des Bayerischen Waldes tatsächlich Zwerge und andere mythische Wesen leben, das kann ich leider trotz dieser Fotos nicht belegen. Dieser "Zwerg" jedenfalls war leider nur die Spitze eines Nadelbaumes, die aus dem Schnee ragte. Der Schnee lag im Winter 2005 sehr tief (man beachte das Verkehrsschild am Eingang der Elfenstadt im obigen Bild - klar, die Elfen wollen keine Autos in ihrer Stadt - und die Hütte):

Bayerischer Wald; (c) Stephan Matthiesen

Bayerischer Wald; (c) Stephan Matthiesen

Auch wenn wir das erste Bild leicht als einen schneebedeckten Baum erkennen, dürften doch die meisten Betrachter auch erst einmal spontan an eine lachende Figur mit Umhang denken. Diese Tendenz, in unbelebten Strukturen fälschlich lebende Wesen oder Gesichter wahrzunehmen, nennt man Pareidolie; bereits in einem früheren Muster des Monats kam diese Wahrnehmungstäuschung vor. Sie beruht darauf, dass unser Wahrnehmungssystem die Objekte einer Szene schnell und intuitiv in belebte und unbelebte Objekte klassifiziert, und die belebten Objekte intensiver in spezialisierten Hirnregionen verarbeitet - denn die belebten "Objekte", also Tiere und andere Menschen, sind wichtiger: Wir müssen auf sie oft schnell reagieren, und eventuell stellen sie sogar eine Bedrohung dar.

Schön und gut, aber der Baum ist ja nun kein Zwerg? Leider ist diese Klassifizierung für unser Gehirn gar nicht so leicht - jedes Tier sieht anders aus, es ist vielleicht nur zum Teil sichtbar, oder die Lichtverhältnisse sind schlecht. Dann passieren Fehler in der Klassifikation: Belebtes wird als unbelebt wahrgenommen (man denke an ein getarntes ruhendes Tier, das man zwar sieht, aber gar nicht als Tier wahrnimmt), und Unbelebtes als belebt. Wesen zu sehen, wo gar keine sind, ist dabei sicherer als ein tatsächlich bedrohliches Tier nicht zu bemerken - daher ist unsere Wahrnehmung darauf eingestellt, im Zweifelsfall ein Objekt eher als belebt zu klassifizieren.

Am hellichten Tag ist der "Zwerg" klar als Baum erkennbar, doch geht man abends durch den Wald, wenn man kaum etwas sieht, wenn man müde ist und die Nerven vielleicht schon gespannt sind, dann tauchen vor dem geistigen Auge überall unheimliche Gesellen auf. Hier lauern noch zwei seltsam verformte, mysteriöse Figuren am Wegrand darauf, nächtliche Wanderer anzuspringen:

Bayerischer Wald; (c) Stephan Matthiesen

Bayerischer Wald; (c) Stephan Matthiesen

Selbst Elefanten gibt es im Bayerischen Wald:

Bayerischer Wald; (c) Stephan Matthiesen

Tief im Wald, wo am Tage nur harmlose Bäume stehen, tauchen also in der Nacht also tatsächlich alle Arten von mythischen Wesen auf - zumindest in unserer Wahrnehmung.