Muster- und Strukturenratebild, Juli 2012

Muster des Monats Juli 2012; (c) Stephan Matthiesen

(Zur Erklärung bitte weiterlesen)

Vielleicht Blutgefäße unter dem Mikroskop? Gemeinerweise habe ich das Bild ins Negative umgewandelt und rot eingefärbt, und ein Maßstab als Größenvergleich fehlt auch. Hier ist das Original:

Muster des Monats Juli 2012; (c) Stephan Matthiesen

Das dürfte dann schon erkennbar sein: Es ist der Blick durch das Geäst von Bäumen auf einen grauen Himmel, aufgenommen Anfang Februar im Botanischen Garten von Edinburgh:

Baum; (c) Stephan Matthiesen 2012

Baum; (c) Stephan Matthiesen 2012

Baum; (c) Stephan Matthiesen 2012

Ganz zufällig ist die Ähnlichkeit zwischen dem Geäst eines Baums und einen System vom Blutgefäßen übrigens nicht. Obwohl sie biologisch sehr verschiedene Objekte mit grundverschiedenem Aufbau sind, haben sie auf einer abstrakten Ebene ganz ähnliche Funktionen. Beide müssen von einem zentralen Punkt (dem Stamm bzw. dem Herzen) ausgehend bestimmte Substanzen (Wasser und Nährstoffe bzw. Blut) auf alle Bereiche eines gewissen größeres Raumvolumen verteilen – die Blätter eines Baumes müssen ja auf einer möglichst großen Fläche Sonnenlicht absorbieren.

Beides sind Verzweigungsstrukturen, die dadurch charakterisiert sind, dass sich jeder Ast in kleinere Äste aufteilt, die sich wiederum in noch kleinere aufteilen. Wenn man das Wachstum eines Baums über mehrere Jahre hinweg genau beobachtet, kann man auch sehen, wie das funktioniert: Jedes Jahr wächst die Astspitze selbst weiter, doch außerdem bilden die Knospen an den Astabschnitten der Vorjahre selbst neue Zweige:

Baum; (c) Stephan Matthiesen 2012

Derartige Verzweigungsstrukturen findet man aber auch im unbelebten Bereich: bei Flusssystemen, wo ein größerer Fluss das Wasser von kleineren sammelt, und umgekehrt bei Flußdeltas, wo die Strömungsgeschwindigkeit so abnimmt, dass der Fluss Sandbänke ablagert und sich dadurch in immer kleinere Rinnen aufteilt.

Noch eine Eigenschaft fällt bei solchen Verzweigungen auf: Die Aufgabelungen der großen Äste eines Baumes sehen im Prinzip genau so aus wie die der kleineren Äste (nur eben größer), und diese ähneln wieder den Aufgabelungen der noch kleineren Äste. Die ganze Struktur ist "selbstähnlich". Wenn man einen abgebrochenen Ast findet, kann man daher oft gar nicht so recht beurteilen, ob er nur die äußerste Verästelung eines riesigen, alten Baumes ist, oder vielmehr der Großteil eines kleinen jungen Baums.