Gute Wissenschaft – verständlich vermittelt

Heute im Guardian: Mörderische Zimmerpflanzen attackieren Stephan Matthiesen

"Der grüne Strang  hatte sich von der Zimmerpflanze um seinen Körper gelegt ... Jede Bewegung war unmöglich, jeder Schrei wurde durch die grüne Pflanzenmasse erstickt ... War dies die Rache der Pflanzenwelt an der Menschheit, oder hatten Aliens die Erde erobert? ... Dr. Stephan Matthiesen ... hat diese schreckliche Begebenheit selbst erlebt – und er kam mit dem Leben davon und kann von seiner Erfahrung berichten." So beginnt heute ein Artikel im Guardian, einer der größten seriösen britischen Zeitungen.

Kein Grund zur Panik, Sie brauchen sich nicht im Keller gegen den Angriff der Körperfresser zu verschanzen. Vielmehr handelt der Artikel des Psychologen Chris French von Schlafparalysen, einem ungewöhnlichen, aber doch sehr häufig vorkommenden Bewusstseinszustand, bei dem man sich hellwach fühlt, jedoch keine Kontrolle über den Körper hat: eine Folge normaler physiologischer Veränderungen beim Wechsel zwischen Schlaf und Wachheit. Etwa 40% der Bevölkerung erleben dies gelegentlich, und auch ich hatte mehrfach Schlafparalysen und habe sie Chris French für seine Forschungen an der Goldsmiths University of London geschildert.

Als er mich letzte Woche fragte, ob er sie zusammen mit meinem Namen veröffentlichen dürfe, stimmte ich gerne zu. Ungewöhnliche Erfahrungen, so verbreitet sie auch sind, sind doch immer noch mit einem Stigma verbunden, und viele Betroffene möchten daher anonym bleiben – umso wichtiger erscheint es zu zeigen, dass gesunde Menschen mit unterschiedlichen Lebensläufen offen zu ihnen stehen können und sie nicht als abnormal empfinden. Diesen speziellen Bericht hatte ich übrigens bereits in "Die Normalität des veränderten Bewusstseins", der Einleitung des Buches Von Sinnen, veröffentlicht (das ist im Artikel etwas missverständlich herausgekommen).

Schade ist es allerdings, dass ein wichtiger Aspekt, den ich in dieser Veröffentlichung betont hatte, im Guardian-Artikel zu kurz kam: Die erste Schlafparalyse fand ich vor allem deswegen beunruhigend, weil ich damals noch nicht wusste, was vor sich ging. Spätere Erlebnisse dieser Art waren immer noch fantastisch, aber nicht mit derselben Angst oder Panik verbunden, vielmehr wurde mir noch während des Geschehens bewusst, dass es sich um natürliche Halluzinationen handelt und wie sie zustande kommen. Es war kein Angsterlebnis mehr, sondern eher eine Art von Eintauchen in eine virtuelle Realität mit einer spannenden, aber ungefährlichen Handlung.