Im Lauf der Jahre haben wir das Themenfeld der "Muster des Monats" ganz schön ausgeweitet. Es folgt die nächste Eskalationsstufe: soziale Muster. Was fällt an den Blickrichtungen dieser Gemsen auf, die wir bei einer Bergwanderung in der Steiermark überrascht haben?

Die vier ausgewachsenen Weibchen sehen uns an. Die beiden Jungtiere im Bild beobachten dagegen ihre Mütter. Hier die obere Dreiergruppe:

Und noch einmal Mutter und Kind:

Die Mutter hat dann entschieden, sich hangaufwärts von uns zu entfernen, und das Junge hat sich an ihr orientiert. Auch das nächste Weibchen (offenbar ohne Jungtier) sichert sich immer wieder ab, während es den beiden folgt:

Ähnlich das Verhaltensmuster in dieser Kuhherde, deren Weide wir auf einer Wanderung durchqueren mussten. Die beiden erwachsenen Weibchen fixieren uns, zeigen aber keine Unruhe. Daher bleiben auch die drei Kälber ruhig:

Wer allein unterwegs ist, kann sich nicht an den Signalen der anderen orientieren und muss daher ständig aufmerksam bleiben - so wie dieser Rehbock:

Männchen sind aber nicht immer Einzelgänger oder Harem-Chefs. Auf einer weiteren Wanderung kamen uns drei Steinböcke entgegen, die sich zu einer Junggesellen-Herde zusammengeschlossen hatten. Diese lockeren Verbünde bieten Böcken, die im Frühjahr keine Weibchen erobern konnten, einige Vorteile - zum Beispiel bei der Gefahreneinschätzung. Wenn die anderen gelassen weitergrasen, sind die Menschen wohl nicht so schlimm:

Auch hier orientieren sich die jüngeren Tiere am ältesten, erfahrensten Herdenmitglied. Der älteste Bock (der mit den längsten Hörnern und der dunklen Stirn) kam uns etwas näher als die beiden anderen, die sich eher im Hintergrund hielten:

Da sich der Alte nach dem ersten Schreck schnell entspannte, flohen auch die beiden jüngeren nicht, sondern widmeten sich der Nahrungsaufnahme und der Körperpflege:  

Der Alte war dann auch der erste, der sich an uns vorbei traute, um zu den saftigen Wiesen auf dem Gipfel der Meßnerin zu gelangen:

Hin und wieder fixierte er uns:

Diese Nahaufnahmen ermöglichen auch eine Altersbestimmung: Bei den Alpensteinböcken kommen jedes Jahr zwei Hornwülste hinzu, wobei der erste deutliche Wulst an der Spitze im zweiten Sommer entsteht. Dieser Bock dürfte ungefähr acht Jahre alt sein - und damit alt genug, um in der Brunftzeit eine Weibchenherde zu erobern. Aber er hatte offenbar kein Glück; sonst wäre er nicht mit den beiden anderen Junggesellen unterwegs gewesen:

Nachdem der Alte hangaufwärts entschwunden war, folgten ihm die beiden jüngeren, vielleicht sechs und sieben Jahre alten Böcke zügig, um nicht den Anschluss an diesen erfahrenen Signalgeber zu verlieren:  

Das heißt nun nicht, dass junge, unerfahrene Tiere Menschen und andere Gefahrenquellen nie direkt ansehen. Sie lernen durch Nachahmung, und dazu gehört eben auch, dass sie irgendwann begreifen: Ich sollte in dieselbe Richtung blicken wie mein Vorbild. Im Schlussbild, wegen des starken Zooms etwas unscharf, entdecken wir unten links ein Mufflon-Lamm, das uns ebenso fixiert wie der Widder rechts: 

Diese prächtigen Tiere kommen übrigens in der Steiermark nicht vor, sondern stammen von Korsika und Sardinien. Aber das Foto entstand diesen Sommer in der Eifel. Dort haben eifrige Jäger in den 1950er-Jahren Muffelwild angesiedelt, um auch mal etwas Interessanteres vor die Flinte zu bekommen als Schwarz- und Rotwild. Seither haben sich die Mufflons gut vermehrt - zu gut: Im Nationalpark Eifel versucht man sie durch vermehrten Abschuss wieder loszuwerden. Umso wichtiger ist es für sie, immer schön zu gucken, wer da guckt.